Dr. Andreas Gschnait, Dr. Andrea Vogel und Dr. Michaela Zumtobel
WELCHE URSACHEN HAT TINNITUS?
Man unterscheidet beim Tinnitus zwei Arten: jenem, der von einer Schallwelle im Körper ausgeht (objektiver Tinnitus) und jenem, bei dem die Ursache nicht in einer Schallwelle im Körper liegt (subjektiver Tinnitus). Zu den häufigsten Gründen für einen Tinnitus gehören ein Hörsturz, ein Schalltrauma, virale oder bakterielle Infekte, Entzündungen im Ohr, Gefäßmissbildungen, Blutschwämme und vieles mehr. Bei einer gründlichen Untersuchung beim HNO stellen wir die Ursachen in 1130 Wien fest.
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Hörsturz
Ein Hörsturz ist eine bei voller Gesundheit plötzlich auftretende Innenohrschädigung eines Ohres. Bei einem Hörsturz hat der Betroffene das Gefühl, dass ein Ohr plötzlich dumpf ist, als ob Watte darin wäre. Er hört auf diesem Ohr schlechter und hat oftmals auch ein Ohrgeräusch. Ein Hörsturz kann unterschiedlich schwer sein - von einem leichten Hörschaden bis zur Ertaubung. Hörstürze sind glücklicherweise relativ seltene Erkrankungen.
Wenn man aber die beschriebenen Symptome hat, sollte man einen Facharzt für eine genaue Untersuchung aufsuchen. Oftmals wird sich dabei herausstellen, dass die Ohren nur mit Ohrenschmalz verstopft sind und die Beschwerden verschwinden nach entsprechender Reinigung wieder.
Sollte es sich aber tatsächlich um einen Hörsturz handeln, sollte eine Behandlung mit Tabletten oder bei gravierenden Fällen mit Infusionen erfolgen. -
Akutes Lärmtrauma
Übermäßiger Lärm schädigt unsere Ohren, genauer gesagt das Innenohr (siehe auch "Wie funktioniert das Hören?"). Lärm kann bei sehr großer Intensität innerhalb von Sekunden-Bruchteilen Schäden anrichten, wie beim Knalltrauma. Diese Schäden äußern sich in einem teilweisen Verlust des Hörvermögens und sind häufig von Ohrgeräuschen begleitet. Knalltraumen kommen immer wieder zum Beispiel zu Sylvester vor oder auch bei Angehörigen der Polizei oder des Bundesheeres bei Schusswaffengebrauch.
Auch Lärm, wie er zum Beispiel in Diskotheken oder bei Rock-Konzerten entsteht, kann unser Ohr schädigen. Hier ist die Intensität etwas niedriger als beim Knalltrauma, dafür ist die Einwirkzeit länger (normalerweise im Bereich von Stunden). Diese Art der Schädigung wird als akutes Lärmtrauma bezeichnet.
Es gibt auch ein chronisches Lärmtrauma. Hier ist die Intensität des Lärmes wiederum geringer als beim akuten Lärmtrauma, dafür ist die Einwirkzeit wesentlich länger (viele Jahre). Diese Erkrankung wird als Lärmschwerhörigkeit bezeichnet. Betroffen sind vor allem Arbeiter, die täglich viele Stunden Lärm ausgesetzt sind, zum Beispiel in der Metall verarbeitenden Industrie, Schlosser, Drucker, aber auch Berufsmusiker.
Jede Art von Lärmschaden kann neben dem Hörverlust auch mit einem Ohrgeräusch einhergehen. -
Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis)
Unser Ohr ist ein Leben lang verschiedenartigen Dingen ausgesetzt, die es schädigen können. Eine große Bedeutung dabei hat natürlich der Lärm, aber auch andere Schadstoffe (z.B. Zigarettenrauch, hohe Blutfettwerte, manche Medikamente) können unser Hörvermögen verschlechtern. Unsere Ohren haben eine Art Gedächtnis, was dazu führt, dass sich die negativen Einflüsse im Laufe des Lebens summieren.
Das führt dazu, dass unser Hörvermögen mit zunehmendem Alter nachlässt. Es sind da jedoch keineswegs alle Menschen gleichermaßen betroffen. Bei manchen bleibt das Hörvermögen bis ins hohe Alter weitgehend normal. Zusätzlich zu den schädigenden Einflüssen dürfte auch eine gewisse Veranlagung beziehungsweise Erbanlage eine Rolle spielen. Ab einem gewissen Hörverlust ist eine Versorgung mit einem Hörgerät sinnvoll und notwendig. -
Morbus Ménière
Der Morbus Ménière ist eine sehr seltene Erkrankung, die nach Prosper Ménière, einem französischen Arzt, benannt ist.Dabei kommt es immer wieder zu Druckerhöhungen im Innenohr, was für den Betroffenen mit den drei Symptomen Schwindel, Hörverminderung und Tinnitus einhergeht. Typischerweise dauert ein Anfall mehrere Stunden. Danach bilden sich die Symptome langsam wieder zurück. Bei langjährigem Verlauf können aber der Hörverlust und das Ohrgeräusch bleibend sein.
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Otosklerose
Bei der Otosklerose kommt es zu einer Knochenneubildung zwischen dem Mittel- und dem Innenohr. Das bewirkt, dass der Steigbügel (das dritte Gehörknöchelchen - siehe auch "Wie funktioniert das Hören") festwächst und sich nicht mehr bewegen kann. Das führt zum einen zu einer Verschlechterung des Hörvermögens. Zum anderen bilden sich oft aber auch Knochenablagerungen im Innenohr, die zu einem Innenohrschaden führen, der mit einem Ohrgeräusch einhergehen kann. Der Hörverlust bei der Otosklerose lässt sich meistens durch eine Operation verbessern. Ob sich auch ein bestehender Tinnitus durch eine Operation bessert, lässt sich aber im Einzelfall nicht vorhersagen.
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Chronische Mittelohrentzündung
Bei der chronischen Mittelohrentzündung besteht ein Loch im Trommelfell (Trommelfellperforation). Dadurch kommt es zu immer wiederkehrenden Infektionen des Mittelohres mit Bakterien. Dabei kann es nach langjährigem Verlauf auch zu Innenohrschäden mit Tinnitus kommen. Eine bestimmte Form der chronischen Mittelohrentzündung (das sogenannte Cholesteatom) führt zu einer Auflösung des Knochens im Mittelohr und kann daher gefährlich werden. Eine chronische Mittelohrentzündung lässt sich in den meisten Fällen durch eine Operation heilen.
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Akustikusneurinom
Ein Akustikusneurinom ist ein extrem seltener und gutartiger Tumor, der auf dem Hörnerven wächst.
Beim Akustikusneurinom tritt in der Regel ein Ohrgeräusch auf, zusätzlich kommt es zu einer Hörverschlechterung und später auch zu Schwindel. Es sollte daher bei jedem neu aufgetretenen Ohrgeräusch ein solcher Tumor durch Untersuchungen ausgeschlossen werden. Dazu wird in der Regel eine Magnetresonanz-Tomografie (MR) gemacht, auf der man das Gewächs sehen kann. -
Blutgefäßerkrankungen
Manchmal ist Tinnitus gar kein Problem des Innenohres oder der Hörbahn im Gehirn, sondern ein Geräusch, das von einem Blutgefäß ausgeht. Dieser Tinnitus kann zum Beispiel verursacht werden durch eine Engstelle in der Halsschlagader.
Diese Engstelle verursacht Turbulenzen, die der Betroffene dann als Ohrgeräusch hört. Dieses Ohrgeräusch hört sich typischerweise an wie der Herzschlag. Solche Geräusche können auch durch kleine Blutgefäße im Mittelohr verursacht werden. Diese Art von Tinnitus wird auch als "objektiver Tinnitus" bezeichnet, weil dieser bei entsprechender Verstärkung auch vom untersuchenden Arzt gehört werden kann. -
Funktionelle Störungen der Halswirbelsäule
Untersuchungen zeigen, dass Probleme mit der Halswirbelsäule in unserer Gesellschaft sehr häufig sind. Bei manchen Betroffenen zeigt sich eine gewisse Beziehung zwischen Veränderungen der Halswirbelsäule und Tinnitus. Bei diesen Patienten kann eine Verbesserung der Halswirbelsäule und der Halsmuskulatur durch beispielsweise physikalische Medizin (Massagen, Reizstrombehandlung, Ultraschall, Wärme) zu einer Besserung des Tinnitus führen.
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Kiefergelenkserkrankungen
Aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft des Kiefergelenkes zum Ohr können Erkrankungen hier ein Ohrgeräusch verursachen.
Typisch dabei ist, dass sich bei diesen Patienten der Tinnitus bei Kiefergelenksbewegungen oder beim Kauen verändert. Sollte das der Fall sein, empfiehlt sich eine Untersuchung des Kiefergelenks durch einen entsprechenden Spezialisten (Kieferorthopäde). -
Tubenfunktionsstörungen
Die Tube, oder Eustachische Röhre, stellt die Verbindung der Nase (genauer dem Nasenrachen) und dem Mittelohr her. Über diesen Gang wird beim Schlucken oder bei Kieferbewegungen der Druck im Mittelohr ausgeglichen. Diesen Druckausgleich hören wir als Knacksen im Ohr.
Wenn der Druckausgleich über die Tube nicht richtig funktioniert, bildet sich im Mittelohr ein Unterdruck. Wenn wir zum Beispiel mit einem Schnupfen über einen Berg fahren, kann es sein, dass das Ohr zufällt und einige Zeit nicht mehr aufgeht. Dann ist genau das passiert. Der Druck ist über die Tube nicht ausgeglichen worden und im Mittelohr herrscht ein Unterdruck. Wir empfinden den als ein verschlagenes Ohr. Wenn der Druckausgleich über längere Zeit nicht funktioniert, kann sich im Mittelohr auch eine Flüssigkeit ansammeln. Dann hören wir deutlich schlechter (als hätten wir Watte im Ohr). Jedes Druckproblem des Mittelohres kann auch mit einem Ohrgeräusch einhergehen. Dieses verschwindet jedoch normalerweise, wenn der Druck wieder normal ist. -
Stress
Bei vielen Betroffenen tritt Tinnitus in einer Situation auf, in der diese Menschen einer ungewöhnlich hohen Belastung ausgesetzt sind. Dieser Stress muss jedoch keineswegs nur beruflicher Natur sein, sehr häufig spielen auch Belastungssituationen im privaten Bereich eine große Rolle, wie zum Beispiel eine Trennung oder ein Sterbefall. Für diese Betroffenen ist eine Bewältigung des Ohrgeräusches oftmals nur möglich, wenn das auslösende Ereignis erkannt und mit den Betroffenen überwunden werden kann.
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Weitere mögliche Ursachen für Tinnitus
- Idiopathische Innenohrschwerhörigkeit
- Virusinfektionen
- Schädel-Hirn-Verletzungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen
- Nierenkrankheiten
- Polyzythämie
- Anämie
- Muskuläre Erkrankungen